Omar Boussag, Sofiane Ouali und Toufik Belala sind Rechtsanwälte und Menschenrechtsverteidiger in Algerien. Sie sind Mitglieder des Kollektivs zur Verteidigung der Hirak-Häftlinge[1] und engagieren sich für den Schutz der Grundfreiheiten. Alle sind aufgrund ihres Engagements Opfer von Einschüchterungen und Strafverfolgung.
Strafverfolgung gegen Rechtsanwalt Omar Boussag
Rechtsanwalt Omar Boussag, der in Oran als Anwalt zugelassen ist, wurde wegen Facebook-Postings, in denen er die herrschende Macht kritisierte, strafrechtlich verfolgt. Am 26. Februar 2024 wurde er in Abwesenheit zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung und einer Geldstrafe von 500.000 Algerischen Dinar wegen „Beleidigung einer Körperschaft“ und „Anstiftung zu einer unbewaffneten Zusammenrottung“ verurteilt. Nachdem er gegen das Urteil Einspruch eingelegt hatte, wurde er am 8. Juli 2024 erneut vor Gericht gestellt, wo drei Monate Gefängnis ohne Bewährung gegen ihn verhängt wurden. Am 15. Juli 2024 wurde er zu einer Geldstrafe von 50 000 Dinar verurteilt.
Verhaftung und Strafverfolgung von Rechtsanwalt Sofiane Ouali
Rechtsanwalt Sofiane Ouali ist Mitglied der Anwaltskammer von Bejaia. Er wurde am 10. Juli 2024 in Bejaia im Rahmen einer massiven Verhaftungswelle festgenommen. Seine Wohnung wurde durchsucht und sein Computer beschlagnahmt. Er wurde zusammen mit den 14 anderen Verhafteten nach Algier gebracht, um vor dem Gericht in Sidi M’Hamed vorgeführt zu werden.
Am 18. Juli 2024 wurde er wegen mutmaßlicher Unterstützung einer terroristischen Organisation und Verbreitung von Inhalten, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen werden[2] , sowie wegen Geldwäsche angeklagt. Der Untersuchungsrichter ordnete seine vorläufige Freilassung an, eine Entscheidung, die von der Anklagekammer am 29. Juli 2024 bestätigt wurde.
Verurteilung und strafrechtliche Verfolgung von RA Toufik Belala
Rechtsanwalt Toufik Belala, Mitglied der Anwaltskammer von Blida und Menschenrechtsverteidiger, wurde in erster Instanz vom Gericht in Boufarik wegen „Veröffentlichung falscher Nachrichten“ zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Er wurde zu einer einjährigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt und legte gegen diese Verurteilung beim Gericht in Blida Berufung ein. Unterstützt wurde er dabei von zahlreichen Anwälten, die einen Verstoß gegen sein Engagement für die Menschenrechte anprangerten.
Vor seiner Verurteilung war Rechtsanwalt Belala zwischen April und Juli 2024 mehrmals von der Gendarmerie vorgeladen worden. Bei diesen Vorladungen weigerte er sich, sein Telefon auszuhändigen, und berief sich auf das Berufsgeheimnis, das durch Artikel 24 des Gesetzes über den Anwaltsberuf geschützt ist.
Die Verfolgung und Einschüchterung von Rechtsanwalt Omar Boussag, Rechtsanwalt Sofiane Ouali und Rechtsanwalt Toufik Belala ist Teil eines Klimas zunehmender Repressionen gegen Rechtsanwälte, Aktivisten und Journalisten in Algerien. Auch andere Anwälte sind von diesen Repressionen betroffen
Angesichts dieser Situation verurteilt Das Observatorium entschieden die gerichtlichen Verfolgungen und Einschüchterungsversuche gegen algerische Anwälte, die ihren Beruf mutig ausüben.
Das Observatorium fordert die algerischen Behörden nachdrücklich auf, alle gegen sie erhobenen Anklagen fallen zu lassen und die Ausübung des Anwaltsberufs ohne Behinderung oder Einschüchterung zu gewährleisten.
Das Observatorium verurteilt die systematischen Repressionen gegen Rechtsanwälte und Menschenrechtsverteidiger in Algerien, die die Unabhängigkeit der Anwaltschaft und das Recht auf freie Meinungsäußerung ernsthaft bedrohen.
Das Observatorium fordert den algerischen Staat auf, sich an die Grundprinzipien der Vereinten Nationen bezüglich der Rolle der Anwaltskammer zu halten, insbesondere an die Prinzipien 16, 18 und 23 :
„”Die Behörden müssen sicherstellen, dass Rechtsanwälte a) alle ihre beruflichen Aufgaben ohne Behinderung, Einschüchterung, Belästigung oder unzulässige Einmischung erfüllen können; b) frei reisen und ihre Mandanten im In- und Ausland konsultieren können; und c) für Maßnahmen, die sie in Übereinstimmung mit ihren anerkannten Berufspflichten und -standards sowie ihrem Berufsethos ergreifen, nicht Gegenstand von Verfolgung oder wirtschaftlichen oder anderen Sanktionen sind oder damit bedroht werden.“ (Grundsatz 16)
„Rechtsanwälte dürfen aufgrund der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht mit ihren Mandanten oder der Sache ihrer Mandanten gleichgesetzt werden.“ (Grundsatz 18)
„Rechtsanwälte müssen wie alle anderen Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung, Glaubensfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit genießen. Insbesondere haben sie das Recht, an öffentlichen Diskussionen über das Recht, die Rechtspflege und die Förderung und den Schutz der Menschenrechte teilzunehmen und lokalen, nationalen oder internationalen Organisationen beizutreten“. (Grundsatz 23)
[1] Das Kollektiv zur Verteidigung der Hirak-Häftlinge, das im Juli 2019 nach der ersten Verhaftungswelle gegründet wurde, verteidigt freiwillig und unermüdlich willkürlich verfolgte Personen, insbesondere aus marginalisierten Kreisen, die sich keine juristische Unterstützung leisten können.
[2] Algerisches Strafgesetzbuch, Artikel 87 bis 4 und 87 bis 12.